Pioniere der Oldtime Music

1922 entdeckte die Schallplattenindustrie dieses Phänomen und lockte die ersten Country – Musiker in ihre Aufnahmestudios. 1922 und 1923 wurden die ersten Schellackplatten mit Interpreten wie Eck Robertson und Fiddling John Carson (Zitat: I’ll have to quit making moonshine and start making records) veröffentlicht. Ein Boom begann, von Musikern und Gruppen wie Charlie Poole & the North Carolina Ramblers, Gid Tanner and The Skillet Lickers, Henry Whitter, Uncle Dave Macon u.v.a wurden sechsstellige Schallplatten-Verkaufszahlen erzielt. Es war eine fröhliche Musik, so daß sie auch oft als Good-Time Music bezeichnet wurde. Zu den traditionellen Instrumenten wie der Fiddle und dem 5-String-Banjo gesellten sich die Gitarre und Mandoline. Mit dem Beginn der großen Depression nach der Weltwirtschaftskrise Ende der ’20er Jahre war die Blütezeit der Oldtime Music vorbei, allenfalls Interpreten wie Jimmie Rodgers und die Carter Family waren noch Gäste in den Aufnahmestudios. Die Oldtime Music kehrte wieder in den ländlichen Raum zurück und wurde nur noch durch Aufnahmen der Library of Congress auf Tonträgern festgehalten.

Ein erstes Revival erlebte die Oldtime Music Ende der 50’er Jahre durch drei junge New Yorker, die sich zu den New Lost City Ramblers zusammenschlossen und die alten Schellackplatten nachspielten. Mike Seeger (Jahrgang 1933), der Halbbruder des Folksängers Pete Seeger, sein Schwager John Cohen (Jahrgang 1933) sowie der Mathematikprofessor Tom Paley* (Jahrgang 1928, später ersetzt durch Tracy Schwarz) nahmen für Folkways zahlreiche Schallplatten auf und boten ihre Musik bei zahllosen Auftritten dar. Das Pech der NLCR war, daß viele ihre Musik zwar toll fanden, aber statt des Imitats lieber das Original hören wollten. So wurden die alten Schellackplatten aus den ’20ern auf Vinyl neu aufgelegt und von Labels wie County und Rounder mit beträchtlichem Erfolg vertrieben. Bei den Festivals traten Musiker wie der Fiddler Tommy Jarrell und Banjospieler wie Fred Cockerham und Kyle Creed auf, die sich lange Zeit zurückgezogen hatten. Die Fangemeinde gab sich nicht mehr mit dem Anhören zerkratzter Schellackaufnahmen zufrieden, sie wollte die Musik selbst lebend gestalten. So entstanden in den 70’ern Gruppen wie die Highwoods String Band, die Fuzzy Mountain String Band, die North Fork Rounders und die Red Clay Ramblers, die Oldtime Music in neuer Frische und bisher noch nicht geläufiger Präzision und Dynamik darboten. Mit dem Trend zur Rückkehr zur akustischen Musik erlebt auch die Oldtime Music einen dritten Frühling. Junge Interpreten wie Dick Powell, Bruce Molsky und die Freight Hoppers bieten Ende des vergangenen Jahrtausends Oldtime Music in allererster Qualität, die nunmehr in digitaler Aufnahmequalität genossen werden kann.

* tatsächlich war Tom Paley ein Teilnehmer am ersten Oldtime Music Meeting in Wippenhausen.

Oldtime Musik heute

Zunehmend entdecken junge Musiker ihre Liebe zu traditioneller handgemachter Musik. Oft starten sie diese in einer Oldtime Music Session, vielleicht auch, weil es super zum mitspielen und üben ist, wenn alle unisono eine ganze Weile lang dasselbe Stück spielen und erst nach einem Dutzend Stücken die Tonart wechseln. Manche gehen darin auf und pflegen die traditionelle Oldtime Musik. Andere machen sich auf ihren eigenen Weg, diese Musik zu interpretieren. Dabei heraus kommen wunderbare neue Stile, die immer der Tradition verbunden bleiben aber Oldtime auch mit Bluegrass, Folk, Americana und Rock verbinden und eigenen Lieder verbinden. Beschreiben kann man so etwas nicht – aber hören und erleben.